Star-Koch Norbert Niederkofler und sein Team verwenden vom regional erlegten Wild alles und kombinieren Wildbret mit Vogelbeeren, Krautwurz und Liebstöckelsamen.
Im idyllischen Gadertal im Herzen der Südtiroler Dolomiten wird der Genuss gehobener Köstlichkeiten großgeschrieben. Einer der Haubenköche, die sich in der UNESCO-Welterbe-Region niedergelassen haben, setzt zu 100 % auf die alpine Bergkultur. Seine Philosophie Cook the Mountain wurde vom Guide Michelin gleich mit drei Sternen ausgezeichnet. Regional erlegtes Wild, das komplett verwertet wird, bereichert die Küche Norbert Niederkoflers und seines Teams genauso wie Vogelbeeren, Krautwurz und Liebstöckelsamen. Wir trafen den gebürtigen Ahrntaler und Vater zweier Söhne in seinem Restaurant, St. Hubertus, um mit ihm über die Bedeutung des Wildbrets für eine nachhaltige Ernährung zu sprechen.
Buongiorno, Herr Niederkofler. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für ein Gespräch nehmen. Erzählen Sie uns doch ein bisschen über Ihren Werdegang.
Norbert Niederkofler: Nach meiner klassischen Gastronomieausbildung in einer Hotelfachschule hatte ich das Glück, weltweit in sehr guten Betrieben arbeiten zu dürfen. Dort konnte ich das Kochhandwerk perfektionieren und mein Fingerspitzengefühl verfeinern, was mir heute zum Beispiel beim Kochen über offenem Feuer zugutekommt. Geprägt haben mich das Reisen und die internationalen Erfahrungen durch meine Arbeit in aller Welt einerseits, andererseits aber auch die bewusste Entscheidung, Auszeiten zu nehmen, Zeit mit der Familie zu verbringen und die Beziehung zu meinen Kindern zu vertiefen.
Heute sind Sie erfolgreicher 3-Sterne-Koch im Gadertal, in der Dolomiten-Region Alta Badia. Wie sind Sie so weit gekommen? Was hat Ihnen geholfen?
Norbert Niederkofler: Ich bin Koch geworden, weil mich die Küche immer schon als Aufenthalts- und Lebensraum fasziniert hat. In unserem Bauernhof zuhause war die Küche jener Ort, an dem es warm war, wo es etwas zu essen gab, wo die Menschen zusammenkamen und miteinander redeten – der Mittelpunkt des familiären und sozialen Lebens. Deshalb steht im St. Hubertus auch ein Tisch in der Küche, damit die Gäste mit uns mitleben und sehen, wie wir kochen.
An die Spitze der Haubenküche hat uns meiner Ansicht nach eines gebracht: Wir haben gelernt, wieder zuzuhören – der Natur und den Menschen. Im Prinzip machen wir nichts Neues. Wir haben uns auf die alte Bergkultur besonnen, diese neu belebt und modernisiert, damit man drei Sterne damit kochen kann. Aber erfunden haben wir das nicht. Alles war schon da.
Bei SWAROVSKI OPTIK bemühen wir uns, möglichst nachhaltig zu wirtschaften. Was heißt Nachhaltigkeit für Sie?
Norbert Niederkofler: In unserer Küche besteht die Nachhaltigkeit aus drei Elementen: dem Berg, der Saison und der vollständigen Verwertung der Lebensmittel.
DER BERG:
Wir haben beschlossen, die Bergkultur zu fördern, egal ob in Südtirol, Österreich oder in Bergamo. Mit der Zeit sind wir immer extremer geworden. Heute verwenden wir keine Zitrusfrüchte, kein Olivenöl und auch keine Produkte aus Gewächshäusern mehr. Man hat uns für verrückt gehalten, als wir diesen Entschluss gefasst haben, aber wir sind den knüppelharten Weg gegangen. Obwohl wir einerseits auf Zutaten verzichten, haben wir andererseits auch viele dazugewonnen.Nous promouvons la culture alpine, dans le Tyrol du Sud, en Autriche ou à Bergame, et notre engagement n’a fait que grandir. Nous n’utilisons plus d’agrumes, d’huile d’olive ou de produits cultivés en serre. Les gens nous ont cru fous lorsque nous avons pris cette décision, mais nous voulions nous investir dans cette démarche. Nous devons donc nous passer de certains ingrédients, mais nous avons tellement gagné sur d’autres plans...
DIE SAISON:
Wir verwenden immer das, was wir vor unserer Haustür finden. Um zu überleben, haben die Bauern früher im Sommer eingelegt und eingekocht. Diese traditionellen Konservierungsmethoden schaffen nicht nur Vielfalt in der Vorratskammer, sondern erzeugen auch sehr gesunde, bekömmliche Lebensmittel. Im Winter wie im Sommer haben wir verschiedenste Zutaten zur Verfügung. Dennoch mussten wir natürlich flexibler werden und akzeptieren, dass es gewisse Gerichte nur zu bestimmten Jahreszeiten gibt. Salat finden Sie auf unserer Speisekarte nur im Sommer, wenn es nicht zu viel regnet, Bärlauch und Löwenzahn im Frühling und so fort.
DIE VOLLSTÄNDIGE VERWERTUNG:
Um Nahrungsmitteln den gebührenden Respekt entgegenzubringen, verwerten wir Lebensmittel immer komplett. Bei tierischen Produkten bedeutet das, dass wir sowohl die als edel bezeichneten Teile als auch die „unedlen“ verwenden. Unser Hauptgang besteht deshalb immer aus zwei Gängen: einem Gericht mit einem Filet oder Rücken etwa und einem mit den Bestandteilen des Tieres, die heute oft gar nicht mehr verwertet werden, wie Innereien, Blut oder Knochen. Interessanterweise schmecken die unedlen Speisen 90 % unserer Gäste aber besser als das edle Gericht.
Die Jagd war ursprünglich eine Form des Überlebens. Traditionell musste das Wildbret gebeizt werden, um es haltbar zu machen. Heute ist es nicht mehr notwendig, Wild einzulegen und zu marinieren, da das Fleisch schneller gekühlt werden kann. Heute beizen wir noch, um für unsere Saucen eine säuerliche Note zu bekommen, aber wir müssten das nicht mehr tun. Wer in einer Bergregion lebt, lernt der Natur mit Achtung und Respekt zu begegnen. Das bedeutet für mich, das Tier zu 100 % zu verarbeiten und nichts wegzuwerfen.
NORBERT NIEDERKOFLER
ist inmitten der italienischen Dolomiten aufgewachsen. Als weit gereister Spitzenkoch zog es ihn nach Stationen in London, Zürich, Mailand, München und New York zurück nach Südtirol. Seit 1996 leitet er das Restaurant St. Hubertus in San Cassiano. Die lange Zeit in der Ferne führte ihn zu seinen Wurzeln zurück, zur Wertschätzung seiner Heimat und ihrer Produkte. Die Initiativen
DAS RESTAURANT ST. HUBERTUS,
dessen Namen auf den Schutzpatron der Jäger zurückgeht, wurde im Jahr 2000 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. 2007 erhielt es den zweiten Stern, 2018 dank der kompromisslosen Einstellung zur regionalen Bergkultur und Nachhaltigkeit den dritten Michelin-Stern.
GADERTAL & ALTA BADIA
Das Gadertal gilt als die Genussregion Südtirols. Es gibt in keinem anderen Tal Italiens so viele Gourmetrestaurants auf so kleinem Raum. Die Natur, Kultur und die ladinische Bevölkerung laden die Gäste ein, das Tal mit allen Sinnen zu erleben und auszukosten.
Möchten Sie eines von Norbert Niederkoflers Rezepten ausprobieren? Dann zaubern Sie doch den „GEGRILLTEN HIRSCH MIT LIEBSTÖCKELSAMEN-SAUCE“ auf Ihren Esstisch. Hier geht’s zum englischen Rezept.
In diesem englischen Beitrag gibt der Star-Koch Tipps für die Wildbretzubereitung.
Ihr ganz persönliches Lieblingswildrezept können Sie unter folgendem Link mit uns teilen.