Ist die Nutztierhaltung immer eine Bedrohung für wild lebende Tiere? Können Raubtiere und ihre natürlichen Beutetiere mit Weidetieren auf demselben Raum koexistieren? Gibt es Möglichkeiten, Schafe und Rinder an einem Ort zu züchten, an dem wilde Pumas leben und jagen?
"Ja, die gibt es", sagte das Team der Estancia Cerro Guido im Süden Chiles Anfang 2019. Ihr ehrgeiziges Ziel: in einer der unwirtlichsten Regionen der Erde und an der südlichsten Grenze des Pumahabitats die Viehzucht mit dem Erhalt der Artenvielfalt in Einklang bringen.
Warum brauchen Pumas in Südchile Schutz?
In der Vergangenheit gab es einen Konflikt zwischen Wildtieren und Nutztieren. Es kam zu einem Wettbewerb zwischen den Viehbeständen und den lokalen Guanakopopulationen (Guanakos sind Kamelide, die eng mit dem Lama verwandt sind). So begannen die Menschen, die Guanakos zu jagen. Infolgedessen fanden die wilden Pumas weniger natürliche Nahrungsquellen und begannen, Nutztiere zu erlegen. Daraus entstand leider ein Konflikt, der bis heute anhält.
Pumas - Raubtiere, die die Viehzucht bedrohen?
Im Laufe der Jahre vergrößerte sich die Estancia und erstreckte sich bald auch in wilde, vom Puma bewohnte Gebiete, wodurch sich das Problem verschärfte. Bis zu 10 % ihrer Jahresproduktion konnte eine Estancia in dieser Zeit an den Puma verlieren. Als Vergeltung begann man, Pumas zu jagen. In den 1920er Jahren wurden auf einer einzigen Estancia 84 Pumas in einem Jahr getötet.
Obwohl der Puma in Chile gesetzlich geschützt ist, wird er weiterhin verfolgt und gejagt. Dies ist ein Faktum, das nicht nur in Patagonien, sondern leider in fast allen Pumagebieten der Welt Realität ist.
Koexistenz zwischen Nutztieren und Wildtieren - aber wie?
Anfang 2019 gründete das Team von Cerro Guido das "Pumaprojekt". Das Hauptziel dieses Projekts ist der Schutz der Wildtiere durch die Aufrechterhaltung der Viehzucht und der Bräuche in der Region, wobei eine Koexistenz zwischen Nutztieren und Wildtieren angestrebt wird.
1.
Herausfinden, wo die Tiere sind
Im ersten Jahr konzentrierten sich die Bemühungen darauf, mehr über die Verteilung und die Raumnutzung der Pumas und anderer Arten auf der Estancia zu erfahren. Mithilfe von Kamerafallen und Beobachtung konnten insgesamt 32 Puma-Individuen in den überwachten Sektoren identifiziert werden.
Mitte 2019 wurde das Pumaprojekt in die Naturschutzabteilung der Estancia Cerro Guido umgewandelt, die drei Aspekte zusammenführen soll: Viehzucht, Tourismus und Naturschutz.
2.
Viehbestands mit Hunden und Abschreckungslampen schützen
Schutz des Viehbestands gesetzt. Neben weiteren Maßnahmen zum Schutz der Schafe vor Pumaraubzügen wurden beispielsweise Herdenschutzhunde eingesetzt.
3.
Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen
Im Jahr 2020 wurde dann die Pumaforschung durch ständige Beobachtung im Feld und den Einsatz von Kamerafallen konsolidiert. Außerdem ging die Estancia eine Kooperation mit Panthera ein, einer Stiftung, die sich dem Schutz von Wildkatzen und ihren Ökosystemen widmet. Ihr Fachwissen trug dazu bei, die wissenschaftliche Forschung voranzutreiben, um die besten Möglichkeiten zum Schutz des Pumas auf der Estancia zu ermitteln.
Es wurde ein Experiment aufgesetzt, mit dem die Wirksamkeit der beiden wichtigsten Maßnahmen zur Verringerung von Angriffen auf das Vieh bewertet wird: Herdenschutzhunde und Abschreckungslampen.
Zusammenarbeit mit der Stiftung Panthera
Im Jahr 2021 begann die Cerro Guido Conservation Foundation eine Zusammenarbeit mit Panthera, einer internationalen Nichtregierungsorganisation, die sich für den Schutz von Wildkatzen weltweit einsetzt. Das Hauptziel dieser Zusammenarbeit ist die Durchführung wissenschaftlicher Forschung zur Biologie, Ökologie und Erhaltung des Pumas, um Strategien für die Koexistenz von Weidevieh und gesunder Pumapopulationen auf der Estancia Cerro Guido zu entwickeln.
4.
Öffentlichkeit einbinden
Im Jahr 2020 hat das Tourismus-Team der Estancia eine neue Exkursion mit dem Namen "Conservation Safari" ins Leben gerufen, bei der die Gäste professionelle Fährtenleser begleiten, die sich dem Studium der auf der Estancia lebenden Pumas widmen.
Vom "Pumaprojekt" zur Cerro Guido Conservation Foundation
Zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass das "Pumaprojekt" sich zu etwas Größerem entwickeln und offiziell in eine Stiftung umgewandelt werden musste, damit es nicht nur den Schutz des Pumas, sondern des gesamten Natur- und Kulturerbes umfasst.
So wurde im Januar 2022 die Cerro Guido Conservation Foundation (abgekürzt FCGC von der spanischen Fundación Cerro Guido Conservación) gegründet. Das Hauptziel der FCGC ist die Schaffung eines harmonischen Zusammenlebens von Flora, Fauna und Vieh. Ihre Aufgabe ist es, das Ökosystem zu erhalten und Umweltschäden zu verhindern.
SWAROVSKI OPTIK unterstützt das Projekt seit 2022 und stellt den Rangern und Fährtenlesern Ferngläser zur Verfügung, mit denen sie die Pumas sicher beobachten können, ohne sie zu stören.
Über die Autorin:
Pia Vergara
Pia Vergara hat sich schon immer als Teil der Natur gefühlt. Als sie zum ersten Mal patagonische Erde unter ihren Füßen spürte, war sie sofort in den Bann gezogen. Tief beeindruckt von der Schönheit und der Kraft Patagoniens konnte Pia nicht anders: Sie musste immer wieder kommen. Pia arbeitet als Geschäftsführerin der FCGC. In dieser Position verbringt sie viel Zeit unter freiem Himmel und bringt gleichzeitig den Menschen die Natur näher. Für sie ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Auch durch ihre Fotografie setzt sich Pia für den Schutz der in Patagonien lebenden Arten ein.
Über
Estancia Cerro Guido
Estancia Cerro Guido ist eine Farm- und Hotelanlage im chilenischen Patagonien, genauer gesagt in der Gemeinde Torres del Paine, 105 Kilometer nördlich der Stadt Puerto Natales. Mit fast 100.000 Hektar ist er der größte Farmkomplex in der Region Última Esperanza und liegt eingebettet zwischen dem Nationalpark Torres del Paine im Westen, dem Gebirgszug Sierra Baguales im Norden und Argentinien im Osten. Cerro Guido wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts gegründet und widmet sich heute dem Tourismus sowie der Schaf- und Rinderzucht. Gleichzeitig unterstützt die Estancia den Artenschutz, d. h. den Schutz des Pumas. Es werden verschiedene Wanderungen durch die patagonische Pampa angeboten. Das Team hat die Cerro Guido Conservation Foundation gegründet, die sich aktiv für den Schutz der Wildtiere einsetzt und eine friedliche Koexistenz zwischen Nutztieren und Pumas anstrebt.
Über die FCGC
Cerro Guido Conservation Foundation
Es begann als bescheidenes Projekt zur Überwachung von Pumas im Jahr 2019 mit dem Ziel, die Viehzucht mit gesunden Pumapopulationen in Einklang zu bringen. Heute bemüht sich die Cerro Guido Conservation Foundation (abgekürzt FCGC von der spanischen Fundación Cerro Guido Conservación) um eine harmonische Koexistenz von Flora, Fauna und Viehzucht. Das Ziel der FCGC ist es, das natürliche und kulturelle Erbe zu bewahren und das Erbe für künftige Generationen und die Menschheit zu sichern.