WAS 2009 ALS VAGE IDEE BEGANN, DURCHLIEF EINEN LANGEN, INTENSIVEN UND SPANNENDEN ENTWICKLUNGSPROZESS, DER MIT DER „GEBURT“ DER HEUTIGEN NL PURE FAMILIE ABGESCHLOSSEN WURDE. CLOSER BLICKT ZURÜCK UND PRÄSENTIERT GEMEINSAM MIT DEN BEIDEN PROJEKTBETEILIGTEN DALE FORBES UND PETER ÖTTL EINE SPANNENDE INNOVATIONGESCHICHTE.
KICK-OFF
2009. Das EL SWAROVISION wurde gerade vorgestellt und Naturbeobachter waren sehr gespannt auf die völlig neuartige Technologie. Und tatsächlich: Die EL Familie wurde weltweit euphorisch aufgenommen, weil diese Ferngläser die Bedürfnisse von Vogelbeobachtern perfekt bedienten. Und für SWAROVSKI OPTIK wurden sie zur beispielgebenden Erfolgsgeschichte.
Doch das Innovationsrad steht nie still und noch im selben Jahr begann unser Produktmanagement darüber nachzudenken, was nach der EL-Serie „The next big thing“ werden könnte. Verschiedene Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Abteilungen wurden eingeladen. Man gab ihnen die Freiheit, alles neu, anders denken und entwerfen zu dürfen. Dale Forbes, Head of Strategic Business Development: „Die besten Ideen kamen immer von Leuten, die ihre unterschiedlichsten Erfahrungen und Sichtweisen eingebracht haben. Wir starteten mit der Ideenfindung bereits 2009. Wir hatten den Anspruch, das EL Fernglas zu toppen – obwohl uns bewusst war, dass es sehr schwierig werden würde. Doch bereits nach den ersten Meetings war klar: Wir wollten bei der Ergonomie ansetzen. Und als zweites sollte das Fokussierrad nicht oben, sondern unten sein. An diesen beiden Ideen – wie können wir die Handhabung, die Ergonomie noch verbessern – arbeiteten wir weiter.“
A NEW PATH
Dale Forbes: „Im Herbst 2014 hatten wir eine Reihe von Workshops, die uns allen bis heute in Erinnerung blieben. Dazu luden wir unter anderem auch einen Ostheopathen und einen Physiotherapeuten ein, beide geübte Fernglasnutzer, und bombardierten sie stundenlang mit Fragen wie:
Was ist eine natürliche Handhaltung?
Wo sollten die Schultern, wo die Ellbogen
sein?Wie muss der Riemen liegen, damit
man ein Fernglas lange tragen kann?Wo sind die Schmerzpunkte?
Kann man mit dem Daumen fokussieren – oder mit anderen Fingern oder muss es unbedingt der Zeigefinger
sein?
Daraus erhielten wir komplett andere,
neue Ansätze. Natürlich konnten nicht
alle gesammelten Ideen umgesetzt
werden, aber es war faszinierend zu
begreifen, wie der Körper funktioniert.
Uns war dabei wichtig die „Druckpunkte“
zu verstehen, also wo das Gewicht
eines Fernglases aufliegen soll – nämlich
exakt zwischen Daumen und Handfläche.
Das spannendste jedoch war, dass die
natürliche Armform leicht nach außen geneigt
ist, nicht gerade. Und, dass die Hand
niemals einen runden Kreis macht, weil das
ermüdend ist. Für uns Menschen ist eine ovale
Form die natürlich-entspannte Handhaltung.
Darauf aufbauend kam dann die Konstruktion
ins Spiel, die mit diesem Wissensschatz weiterarbeiten
konnte.“
ZÜNDENDE IDEEN
Peter Öttl, Development Engineer: „Für mich
als Ingineur war das Thema Ergonomie auch
immer mit dem Thema Gewicht verbunden
und mit der Idee, wie schlank man ein Gehäuse
bauen kann. In einem dieser Workshops
2014 hatten wir dann einen echten
Geistesblitz: Beim Betrachten einer
Skizze kam mir der Gedanke, dass die
Prismen seitlich liegen müssten, damit
die Taille schlanker, besser umfassbar
und ergonomisch perfekt wird.
Das war ein großer Meilenstein. Der
nächste Knackpunkt war der Antrieb:
Die Präzision spielt dabei die zentrale
Rolle. Man muss sich vorstellen,
dass mit einer Drehbewegung der
Schubstange ein Linsenpaket etwa
sieben bis neun Millimeter vor- und
zurückgeschoben wird und das in
beiden Kanälen gleichzeitig. Bei
dieser Rechts-Links-Exaktheit reden
wir von Hundertstel Millimeter, die
sich gemeinsam bewegen müssen
– liegen sie nur einen Hauch auseinander,
funktioniert das Bild einfach
nicht mehr. Da kam uns die Idee des
schrägen Antriebs. Neben dem Umstand,
dass wir nun eine noch direktere
Verbindung zwischen Drehrad
und Linsen hatten, brachte das auch
noch einen weiteren Vorteil: wenn die
Schubstangen schräg auseinanderliefen,
ließ sich automatisch der Durchgriff
erweitern. Mein Bestreben war, jeden
noch so kleinen Luftraum wegzunehmen,
um das Fernglas leichter und handlicher zu
machen. Mit all diesen komplett neuartigen
Ansätzen haben wir letztendlich nicht nur Gewicht
eingespart, sondern erfanden die Wespentaille,
anhand derer das NL Pure auf den
ersten Blick sofort erkannt wird. Den Antrieb
hat SWAROVSKI OPTIK mittlerweile selbstverständlich
zum Patent angemeldet. Und zu
guter Letzt kam noch die Stirnstütze dazu, die
durch die drei Auflagepunkte des Fernglases
ein noch längeres, bequemeres Beobachten
ermöglicht.“
WEITER DENKEN, WEITER SEHEN
Dale Forbes: „Neben der Ergonomie wollten wir auch bei der Optik neue Maßstäbe setzen und haben uns die Aufgabe gesetzt, das bislang größte Sehfeld mit verschwindendem Sehfeldrand zu realisieren. Besonders freut es uns, dass wir neben der 8- und 10-fach Vergrößerung den NL Pure auch mit 12-facher Vergrößerung realisiert haben. Die Kombination aus perfekter Ergonomie und der neu entwickelten Stirnstütze ermöglicht nun selbst bei 12-facher Vergrößerung ein zitterfreies Beobachten. Und durch das wahnsinnig große Sehfeld kommt es selbst bei hoher Vergrößerung zu keinen Einschränkungen mehr – daher kommt es auch so gut an!“