Jedes Jahr im Herbst kommen Tausende Zugvögel auf die Shetlandinseln. Viele davon sind erfasst und häufig, manche aber auch selten. Vor allem eine Art finde ich faszinierend: die Birkenzeisige. Vorausgesetzt, es herrschen die richtigen Bedingungen, gibt es kaum ein authentischeres Birding-Erlebnis im Herbst auf den Shetlandinseln als die Ankunft dieser hübschen Finkengattung. Diese Gattung umfasst mehrere Arten. Ihre Identifizierung mag oft kompliziert und viel diskutiert sein. Aber mit Geduld und Erfahrung wird die Beobachtung ein spannendes Erlebnis.
Sie ähneln sich so sehr, dass oft nur einzelne Farbnuancen die Erkennung möglich machen. Bei der Identifizierung kommt es wirklich auf die Details an. Die beiden selteneren arktischen Arten, den Polar-Birkenzeisig aus Grönland (C. h. hornemanni) und den aus Skandinavien (C. h. exilipes), in einem Schwarm der häufiger vorkommenden zu erkennen, ist ein wirkliches Glücksgefühl.
Ich fand einen kleinen Schwarm an einem kühlen Morgen im Oktober. Ich konnte drei Arten beobachten, studieren und mich an ihrem Anblick erfreuen, darunter der Birkenzeisig und die selteneren arktischen Arten aus Grönland und Skandinavien. Oft sind sie sehr zutraulich. Aber mit dem 115 mm Objektivmodul und der 20- bis 60-fachen Vergrößerung konnte ich wirklich jedes Detail erkennen und die Tiere identifizieren. Außerdem beobachtete ich ihr einzigartiges Verhalten und studierte jede einzelne Feder, während sich die Vögel über die herbstlichen Ähren hermachten.
Fakten über
Birkenzeisige
Birkenzeisige sind eine Gattung der Stieglitzartigen. Obwohl es potenziell bis zu sechs Arten geben soll, weisen jüngste Studien darauf hin, dass es aus genetischer Sicht nur eine Art gibt. Wer die Wissenschaft jedoch außer Acht lässt, wird auch in Zukunft Freude daran haben, diese hübschen Tiere zu beobachten – trotz aller Schwierigkeiten bei der Identifizierung.
Vor allem der Herbst auf den Shetlandinseln bietet gute Voraussetzungen, um die verschiedenen Zeisigarten (vielleicht sogar zur selben Zeit) zu beobachten. Mit etwas Glück sehen Sie die kleinste und in Europa am weitesten verbreitete Art, den Alpenbirkenzeisig (Acanthis cabaret) , der ungefähr so groß ist wie der Erlenzeisig (Carduelis spinus), oder den Polar-Birkenzeisig (Acanthis hornemanni hornemanni)aus Grönland und dem Nordosten Kanadas. Diese Art ist etwa so groß wie der Haussperling (Passer domesticus)– Sie sehen sicher, was ich meine.
Es ist doch bemerkenswert, was die DNA-Analyse heutzutage alles hergibt und wie sehr sie die Identifizierungsmöglichkeiten verbessert. Trotz allen Respekts für die Wissenschaft sollte man die Vogelbeobachtung meiner Ansicht nach manchmal einfach nur genießen, ohne die Dinge zu verkomplizieren. Wie im Falle der Birkenzeisige beispielsweise.
Über den Autor:
Brydon Thomason
ist Naturberater, Fotograf, Guide und Vogelbeobachter. Er kennt seine Heimat, die Shetlandinseln, wie seine Westentasche. Dort betreibt er auch sein eigenes Unternehmen, Shetland Nature, das Tierbeobachtungstouren anbietet, die das reiche Natur- und Kulturerbe der Inselgruppe zelebrieren. Früher war er als Medienberater tätig und trat in zahlreichen Fernsehproduktionen über die Tierwelt der Shetlandinseln auf. Insbesondere die Otter der Inseln sind seine große Leidenschaft. Er ist zudem Co-Autor des hochgelobten Buchs „Otters in Shetland – The Tale of the Draatsi“ , das den Leserinnen und Lesern einen Einblick in das Leben, den Lebensraum und die Verhaltensweisen eines der charismatischsten Säugetiere Europas gewährt. Außerdem ist er als ornithologischer und ökologischer Experte und Berater tätig.