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My Arctic birding patch

HIDE & SEE

Lesezeit: 5 min.
ICH WUSSTE SCHON ALS KIND, DASS MEIN BERUF SPÄTER ETWAS MIT DER NATUR ZU TUN HABEN WÜRDE. ICH INTERESSIERTE MICH FÜR BLUMEN, FISCHE, WALE, DINOSAURIER UND TIERE IM ALLGEMEINEN. ALS ICH BEGRIFF, DASS VÖGEL IM GRUNDE DIE EVOLUTIONÄREN NACHFAHREN DER DINOSAURIER SIND, STÜRZTE ICH MICH MIT FEUEREIFER AUF DIE ORNITHOLOGIE. SEITDEM IST MEINE BEGEISTERUNG FÜR VÖGEL VON JAHR ZU JAHR GEWACHSEN.Tormond Amundsen

Entscheidend beeinflusst wurde ich aber auch durch das norwegische Konzept „bålkos“: die Kunst, den Augenblick zu genießen. Alles, was man dafür braucht, ist ein Feuer („bål“) in der Natur, Zeit und die nötigen Annehmlichkeiten. Ich habe zahllose Tage und Nächte im Freien verbracht und mir häufig provisorische Unterkünfte für die Nacht gebaut. Es ist zu meiner Leidenschaft geworden, die idealen „bålkos“-Bedingungen zu schaffen. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich an einem Feuer gesessen und es genossen habe, dem Ruf der Sperlingskäuze im Hintergrund zu lauschen und Unglückshäher dabei zu beobachten, wie sie auf der Suche nach einer schnellen Mahlzeit meinem Lager einen Besuch abstatteten.

Ich dachte ursprünglich, ich würde eine Laufbahn als Biologe einschlagen. Letztlich hat aber meine kreative Seite die Oberhand gewonnen. Um es kurz zu machen: Jahre später, nach zahlreichen Reisen und einem Master in Architektur, habe ich begriffen, dass ich ein Architekt für Vogelbeobachtungsstationen werden musste. Während meines Architekturstudiums waren mir kaum Architekten begegnet, die sich mit Natur beschäftigten. Mir schien es, als seien Architekten in den Bereichen Kultur und Stadtplanung verhaftet und als komme der ökologische Aspekt überhaupt nicht vor. Ich verstand, dass sich meine Begeisterung für Vögel und Natur mit dem Architektenhandwerk verknüpfen lässt. Dieser Gedanke war der Ausgangspunkt für Biotope: ein Architekturbüro, das die Annäherung von Mensch und Natur anstrebt. 

Bei der Entwicklung unserer Vogelstationen und Unterstände orientieren wir uns an dem Charakter des Standorts, den Sichtkorridoren und der Windrichtung. Dabei bemühen wir uns, den Anspruch an Sichtbarkeit – um die menschliche Aktivität anzuziehen und an einem Ort zu bündeln –, die praktischen Bedürfnisse der Vogelbeobachter und die Anforderungen, die durch die Sensibilität der Vögel entstehen, gleichermaßen zu erfüllen.

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Die kleinen Bauten werden so neutral wie möglich gehalten. Normalerweise werden die Unterstände um eine einfache Sitzgelegenheit herum errichtet und verfügen zum Schutz vor Schnee und Wind über zwei, drei und in sehr seltenen Fällen auch über vier Wände. Sie sind keinesfalls für Übernachtungen konzipiert. Architektur ist ein Werkzeug, um Vögel, andere Tiere und die Natur insgesamt zu bewahren und dem Menschen näherzubringen. Denn schließlich schützt und hegt der Mensch das, was er zu schätzen lernt. Meine Aufgabe besteht darin, eine Verbindung zwischen Menschen und Natur zu schaffen.

BÅLKOS

Der Windschutz in meiner Heimatstadt Vardø ist eine ultimative Hommage an „bålkos“ – er enthält zwei Nischen, damit man gegen jede Wind- und Wetterrichtung abgeschirmt ist. Darüber hinaus ist er offen, sodass man nicht nur Schutz erhält, sondern dank des Verzichts auf ein trennendes Element mit der Umgebung verbunden bleibt. Außerdem darf natürlich ein offenes Lagerfeuer für das „bålkos“-Gefühl nicht fehlen. Vardø liegt weiter nördlich als Point Barrow in Alaska und östlicher als Istanbul. Die Witterungsbedingungen sind oft rau, selbst im Sommer, wenn Einheimische diesen Ort gerne aufsuchen, um die Aussicht und ein schönes Lagerfeuer zu genießen. Im Winter aber erfüllt er seine wahre Funktion für Vogelbeobachter, wenn sich Tausende Scheck- und Eisenten im Varangerfjord versammeln – ganz zu schweigen von den mehr als 14.000 Prachteiderenten und 17.000 einfachen Eiderenten, die hier gesichtet werden. Das muss man mit eigenen Augen gesehen haben, sonst glaubt man es nicht!

BRANDUNGSSCHUTZ VON VADSØ

Beim Entwurf eines Windschutzes für den Hafen von Vadsø haben wir uns für Beton – den dominierenden Baustoff in dieser Umgebung – entschieden. Während der Winterstürme in Varanger ist der Unterstand aufgrund seiner stark exponierten Position manchmal hohem Wellengang ausgesetzt. Der Grundaufbau der Station ist darauf ausgelegt, starken Winterstürmen und hohen Wellen zu widerstehen. Mit seinen harten Kanten und markanten Konturen greift er das funktionale Industriedesign der Hafengebäude auf, das jedoch um das Element der Schönheit ergänzt wird. Große Fenster und mit Bänken ausgestattete Alkoven laden Vogelbeobachter regelrecht dazu ein, dort unterzuschlüpfen, während sie die Möwenschwärme nach einer Eismöwe oder einem noch selteneren Exemplar absuchen.

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DAS NATUR SCHAUSPIEL

Der Windschutz an den Klippen des Kongsfjords befindet sich auf einem Felsen am nördlichen Ende der Varanger-Halbinsel und bietet einen spektakulären Blick über die Barentssee. Die strengen und kantigen Konturen des dunklen Holzes spiegeln die Rauheit der kahlen Meeresklippen wider. Das große Panoramafenster gibt den Blick auf den Himmel und die Landschaft frei und bietet gleichzeitig hochwillkommenen Schutz vor arktischen Winden und Schneefällen. Die meisten Biotope- Unterstände in der norwegischen Arktis sind offen, doch wegen der Extrembedingungen muss die Station an diesem speziellen Standort vollkommen geschlossen sein, damit sich durchgefrorene Ornithologen wieder aufwärmen können, während sie nach Meeresvögeln Ausschau halten. Das helle Holz im Inneren des Unterstands ist in einer satteren Farbe gehalten, was zu einer wärmenden Atmosphäre beiträgt.

Hide and see Kongsfjord bird hide wind shelter December 6th 2016 - Tormod Amundsen © Biotope


Dieses Foto wurde Anfang Dezember aufgenommen, wenn es praktisch kein Tageslicht gibt und die eisigen Temperaturen diese Vogelbeobachtungsstation zu einem einladenden Ort machen. Das Schauspiel des Polarlichts in dieser Nacht werde ich niemals vergessen. Außerdem empfand ich es als Privileg, als Architekt unter derart extremen und zugleich Ehrfurcht gebietenden Bedingungen zu arbeiten.

DIE VÖGEL IM BLICK

Der Windschutz im Norden von Vardø ist die Vogelbeobachtungsstation, die ich am häufigsten benutze. Schaut man nach Norden, erblickt man dort nichts als Wasser bis zum arktischen Packeis. Hier verbringe ich Stunden damit, mit meinem Teleskop von SWAROVSKI OPTIK die See zu betrachten. Geschützt vor den arktischen Winden habe ich einen fantastischen Blick auf Meerenten, etliche Möwenarten und die Vogelklippe Hornøya, die sich gerade noch nah genug befindet, um mit dem Teleskop Dickschnabellummen und viele andere Meeresvogelarten auszumachen. Das ist meine ganz persönliche Wahl für die Vogelbeobachtung in der Arktis.