Was macht die Drückjagd so besonders? Kaum eine Jagdart fasziniert uns Jäger im deutschsprachigen Raum mehr. Was gibt es schöneres, als eine durch Hundegeläut anwechselnde Rotte Schwarzwild im von Raureif überzogenen Herbstwald? Sicherlich haben andere Jagdarten auch ihren Reiz, doch scheint uns Jäger kaum eine so in den Bann zu ziehen wie die Drückjagd.
Was macht die Drückjagd so besonders?
Die Frage warum das so ist, lässt sich pauschal wahrscheinlich nicht beantworten. Genau kann ich die Frage schließlich nicht einmal für mich selbst beantworten. Ist es doch der Facettenreichtum, der die Drückjagd zu etwas Besonderem macht. Vielleicht aber fasziniert mich vor allem das gemeinschaftliche Jagen, das im Vordergrund steht. Eine Drückjagd kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle Akteure seien es Treiber, Schützen oder Hundeführer zusammenarbeiten und mit all ihren Sinnen bei der Sache sind.
Gemeinschaftliches Jagen
Nur zusammen funktioniert’s.
Das ist es, was eine Drückjagd zu etwas besonderem werden lässt, das Teilen der gemeinsamen Erlebnisse. Während man auf der Einzeljagd meist allein und auch in einer Gruppe am Ende für sich selbst waidwerkt, ist die Drückjagd reines Teamwork. Dabei kommt es auf alle gleichermaßen an. Ohne Treiber und Hundeführer kommt das Wild nicht auf die Läufe. Unermüdlich werden auch die dichtesten Dickungen und Brombeerfelder durchkämmt, stets darauf bedacht, niemanden aus Sicht- bzw. Hörweite zu verlieren und im besten Fall die Treiberkette zu halten.
Hunde bei der Arbeit
Für mich selbst ist es als Hundeführer das Schönste, die Hunde während der Jagd arbeiten zu sehen. Wenn sie dann laut und direkt am Wild jagen, schießt der Adrenalinspiegel eines jeden passionierten Jägers in die Höhe. Alles andere wird blitzartig ausgeblendet. Die Hunde geben Standlaut und plötzlich beginnt sich der zuvor so ruhig daliegende Brombeerverhau überall zu bewegen.
„Sauuuuen!“
„Sauuuuen“ ertönt es durch den Wald. Noch heute bekomme ich in diesem Moment immer wieder eine Gänsehaut. Die Rotte bricht aus der Dickung und in der Treiberwehr wartet man darauf, dass sie die Schützen anwechselt. Wenn dann die ersten Schüsse fallen und alle Hunde wieder unversehrt zurückgekehrt sind, steht die Freude allen ins Gesicht geschrieben. Und das völlig unabhängig davon, selbst Beute gemacht zu haben. Es ist schwer dieses Gefühl zu beschreiben, welches einem in diesem Moment durch den Körper fährt. Vermutlich ist es die Mischung aus abfallender Anspannung und stolz über die eigene Arbeit und die der Hunde, die einem das Gefühl von vollkommener Zufriedenheit gibt.
Strecke machen – aber wie?
Das eigentliche Strecke machen obliegt den Schützen. Noch bevor sich die Treiberwehr in Bewegung setzt und die Hunde geschnallt werden, beziehen die Standschützen möglichst leise ihre Stände. Auf den meisten Jagden kann mit Einnahme des Standes und Herstellen der Sicherheit anwechselndes Wild bejagt werden. Wenn ich selbst als Schütze an einer Jagd teilnehme, versuche ich immer schnellstmöglich meinen Stand zu beziehen. Gibt es doch nichts ärgerlicheres als verpasstes Wild, dass einem auf dem Weg zum Stand anwechselt und man so eine Chance verpasst, nur weil man getrödelt hat.
Sicheres Verhalten
am Standplatz
Auf dem Stand verschaffe ich mir zunächst einen Überblick. Wo sind meine Nachbarschützen und wo ggf. Zonen, in welche nicht geschossen werden darf? Von wo könnte Wild anwechseln und wo könnte ich es beschießen? Auf Ständen mit großzügigem und weitem Sichtfeld messe ich mir schnell mit dem EL Range 10x42. ein paar markante Punkte im Gelände ein. Bei starken Sauen oder Rotwild verschätzt man die Entfernung schließlich schnell einmal. Kennt man jedoch die genaue Entfernung, verhindert dies sich zu einem riskanten Schuss hinreißen zu lassen. Schließlich gilt auch auf der Drückjagd: nur sichere und saubere Schüsse abgeben, um Tierleid zu vermeiden und ein erstklassiges Lebensmittel zu erzeugen.
Tradition oder Technologie?
Hahn in Ruh zeigt die Uhr oder der am Smartphone gestellte Wecker. Nun gilt es, das erlegte Wild zu bergen und zum Streckenplatz zu liefern, wo schon eine warme Suppe auf hungrige Schützen und Treiber wartet. Das traditionelle Abblasen ist auf den meisten Jagden durch eine von der Jagdleitung festgelegte Uhrzeit abgelöst worden. Technik macht‘s möglich. Natürlich verdrängt die Technik manche Traditionen gewissermaßen, doch sie macht die Jagd auch sicherer.
Oberstes Gebot: Sicherheit
Hunde tragen Ortungshalsbänder und können schnell gefunden und versorgt werden, wenn sie verletzt wurden. Bei zu warmen Temperaturen wird nur eine symbolische Strecke gelegt, um das kostbare Wildbret schnell zu kühlen und seine Qualität zu sichern. Schalldämpfer lassen die Jagd ein stückweit verstummen, schützen dabei aber nicht nur unser Gehör, sondern auch das unserer Vierbeiner. Aufbrüche werden nicht mehr im Wald belassen, sondern nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Problematik der Afrikanischen Schweinepest (ASP) fachgerecht entsorgt.
Traditionelles Jagdhornblasen: vom Aufbruch bis zum Halali
Dennoch werden uns hoffentlich einige Traditionen wie die der Jagdsignale noch lange erhalten bleiben, auch wenn sie bei der aktiven Jagdausübung nahezu gänzlich verschwunden sind. Vor der Jagd wird zum „Aufbruch der Jagd“ geblasen und es ist auch das Horn, das die Jagd nach dem Verblasen der Strecke und dem Ehren der erfolgreichen Schützen durch den Erlegerbruch, mit dem Signal „Jagd vorbei und Halali“ beendet.
Zuguterletzt: die Nachsuche
Während der offizielle Teil der Jagd nun vorbei ist und die meisten Schützen sich auf den Heimweg machen, beginnt für die Nachsuchengespanne erst jetzt die Arbeit. Ich selbst bin auf vielen Drückjagden mit meinem Hund zur Nachsuche eingeteilt. Zentral koordiniert machen wir Nachsuchenführer uns oft auch ohne den Schützen wieder auf den Weg in den Wald. Jeder Anschuss wird kontrolliert und auch jeder vermeintliche Fehlschuss genauestens überprüft. Kilometerweit und teilweise bis in die Dunkelheit geht es dem Hund hinterher, um das kranke Stück schnellstmöglich zu erlösen. In den allermeisten Fällen gelingt dies auch. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, mit seinem Hund am gefundenen oder erlösten Stück zu stehen. Der Stolz über die Leistung des Hundes, die Ehrfurcht vor dem erlegten Stück und die Gewissheit darüber, Leid erspart zu haben, geben mir und ich denke auch vielen anderen den Antrieb, diese Arbeit zu verrichten. Der fade Beigeschmack, dass leider nicht jedes Stück zu bekommen ist, bleibt jedoch nach jeder erfolglosen Nachsuche.
Auch wenn die Wertschätzung dieser in meinen Augen unerlässlichen Arbeit von einigen Jägern eher gering ausfällt, ist die Drückjagd erst dann beendet, wenn die letzte offene Nachsuche abgeschlossen ist.
Über mich:
Maximilian Busenius –
besser bekannt als The.Passionist
Geprägt durch meinen Vater und gleichzeitig jagdlichen Lehrprinzen zog es mich schon seit ich denken kann mit auf die Jagd. Da ich mich schon immer sehr für den Wald und seine Wildtiere interessiere, studiere ich mittlerweile im Master Forstwissenschaften und Waldökologie, um meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Als passionierter Hundeführer ist es für mich vor allem die Hundearbeit, die mir auf der Jagd die größte Freude bereitet. Um auch anderen die Jagd näher zu bringen, teile ich meine jagdlichen Erlebnisse auf YouTube und Instagram.