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Der Natur etwas zurückgeben

ANNETTE OELOFSE UND IHR OKONJATI WILDRESERVAT IN NAMIBIA

Ein Interview über die Bedeutung des großen Ganzen, über die Kraft der Natur und auch über den Beitrag, den nachhaltige Jagd zum Schutz von Natur und Artenvielfalt leisten kann.

Mitten in Namibia liegt auf einer Fläche von 35.000 Hektar das Okonjati Wildreservat. Dort finden unzählige Wildtier- und Vogelarten einen geschützten Lebensraum. Annette Oelofse leitet dieses Reservat seit rund 35 Jahren, über viele Jahrzehnte gemeinsam mit ihrem Ehemann, Tierschützer Jan Oelofse, der es Mitte der 1970er Jahre gegründet hatte. Heute betreibt sie es mit Sohn Alexander und dessen Familie. Jeden Tag erlebt Annette Oelofse den Kreislauf des Lebens hautnah, die untrennbare Verbindung von Mensch und Natur. Und so trägt im Okonjati Wildreservat alles zu einem großen Ganzen bei, von der Wildhege bis zur Aufzucht verwaister Nashörner, vom nachhaltigen Wirtschaften mit den Einnahmen aus Jagd- und Ökotourismus bis zur Schulbildung für die Kinder ihrer Belegschaft. Und das alles letztendlich mit einem Ziel: der Natur etwas zurückzugeben und die unglaubliche Tierwelt Namibias auch für nachfolgende Generationen zu erhalten.

Gemeinsam mit Ihrem Sohn Alex betreiben Sie das 35.000 Hektar große Okonjati Wildreservat in Namibia. Können Sie uns etwas mehr darüber erzählen? Wie ist das Reservat entstanden?

„Gib der Natur mehr zurück, als du dir nimmst“ – das war die Philosophie meines verstorbenen Mannes Jan Oelofse, seines Zeichens weltbekannter Naturschützer, der 1975 das Okonjati Wildreservat gründete. Er pachtete etwa 5.000 Hektar Land, eine Farm mit dem Namen Etjo (was passenderweise „Zufluchtsort“ bedeutet), die zuvor für die Viehzucht genutzt worden war. Er schlug seine Zelte unter einem riesigen Akazienbaum auf, befestigte ein Telefon am Baumstamm, und mit nur 700 Namibia-Dollar in der Tasche, Mut, Entschlossenheit und der Liebe zur Natur arbeitete er auf sein Ziel hin. Ich lernte ihn in den frühen achtziger Jahren kennen. Wir siedelten viele neue Wildarten auf dem Land an, das wir später zusammen mit dem Nachbarland kauften. Wir nannten es „Okonjati“ („Ort des Büffels“, benannt nach den versteinerten Büffelspuren, die auf dem Grundstück gefunden worden waren) und gründeten so das gleichnamige Wildreservat. Ich hatte das Privileg, 30 Jahre lang an Jans Seite zu leben und zu arbeiten, um das Reservat aufzubauen. Heute ist das Gebiet 35.000 Hektar groß und bietet Hunderten Wildtier- und Vogelarten einen Lebensraum. Unser Sohn Alexander wurde 1985 geboren, zur gleichen Zeit, als wir die Elefanten in dem Gebiet einführten. Alex war von Anfang an ein wichtiger Teil unserer schönen Reise. Die Seele meines verstorbenen Mannes lebt weiter, in den Tieren, die in unserem Reservat umherstreifen, in der Erde und im Wind.

CLOSER 2022 - Annette Oelofse Giving back to nature H/ -  landscape
„WIR SIND LEDIGLICH BEOBACHTER. WIR SIND HIER, UM ZU SCHÜTZEN, ZU ACHTEN UND DIE WUNDERVOLLEN MOMENTE ZU SCHÄTZEN , DIE UNSERE TIERWELT UNS BIETET.“Annette Oelofse

Welche Wildtiere leben in Ihrem Reservat?

In unserem Gebiet leben über 8.000 Tiere. Mehr als 35 verschiedene große Wildtierarten sind Teil des Ökosystems in unserem Reservat. Man kann Geparden, Elefanten, Breit- und Spitzmaulnashörner beobachten, ebenso wie Flusspferde und Löwen, zahlreiche Antilopenarten wie das winzige Damara-Dikdik, Kudu, Nyala, Spießbock, zwei verschiedene Zebraarten, Warzenschweine und weitere Antilopenarten wie Springbock, Impala und Blessbock und viele mehr …

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Reservats tragen mit ihrem unermüdlichen Einsatz maßgeblich zum Erfolg bei. Welche Benefits bieten Sie ihnen?

Unser gesamtes Team von 80 fest angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lebt auf dem Gelände des Okonjati Wildreservats. Wir haben 65 Häuser für unsere Angestellten und ihre Familien. Sie können kostenlos Wasser und Strom nutzen und dürfen ihr eigenes Gemüse anbauen. Unsere Belegschaft bekommt Fleisch aus der Jagd und Maisrationen und verdient ein gutes Einkommen durch Tourismus und Jagd. Die Großeltern einiger unserer Mitarbeiter haben bereits für Jan und mich gearbeitet und die Nachkommen sind immer noch bei uns beschäftigt. Wir sorgen für die Schulbildung ihrer Kinder und unterstützen sie durch Sponsoren beim Besuch einer High School. Das „Amy Bell“-Stipendium ermöglicht den Jugendlichen oft auch den Besuch einer Universität. Im Busch mit all seinen Wildtieren aufzuwachsen hinterlässt bei unseren Kindern bleibende Eindrücke. Diese Erfahrungen legen den Grundstein für ihr Leben. Das ist das größte Geschenk, das wir zukünftigen Generationen mitgeben können.

!!! Annette Oelofe Mount Etjo Safari Lodge - The Okonjati Game Reserve, 1982
!!! Annette Oelofse with son Alexander, 1985
MOUNT ETJO SAFARI LODGE & JAN OELOFSE HUNTING SAFARIS

Um seine Vision – den Aufbau des Okonjati Wildreservats und den Naturschutz – zu finanzieren, schuf Jan Oelofse schon sehr früh Unterkünfte für Gäste. Inzwischen gibt es im Reservat drei verschiedene Lodges, wie die Mount Etjo Safari Lodge oder die Elephant Lodge für Jagdtouristen. Die Organisation der Jagden läuft über das Team der Jan Oelofse Hunting Safaris. Die Gäste erwarten luxuriöse Unterkünfte, authentische afrikanische Haus-mannskost und unglaubliche Eindrücke von der Tierwelt Namibias.

www.mount-etjo.com
www.janoelofsesafaris.com

„DIE NATUR IST ALLES FÜR MICH, SIE HEILT UND LEHRT MICH, SIE IST MEIN ZUFLUCHTSORT, MEINE KRAFTQUELLE, MEIN HEILIGTUM – EINE SCHULE FÜR ALLE DINGE DES LEBENS.“ Annette Oelofse

Welchen Beitrag leistet die Jagd zur Wildhege, aber auch zur Finanzierung Ihres Reservats?

Die Jagd spielt in unserem Wildreservat eine sehr wichtige Rolle. Da unser Gebiet zum Schutz der Wildtiere und der Umwelt eingezäunt ist, hat das ständige Wildtiermanagement absolute Priorität. Das bedeutet harte Arbeit, viel Verantwortung und hohe Kosten. Die Einnahmen dafür kommen aus der Jagd, aber auch aus dem Ökotourismus, dem Verkauf von lebenden Wildtieren, um sie in neuen Gebieten anzusiedeln, der Zucht von seltenen Arten und der Fleischproduktion. Alle Facetten sind miteinander verwoben und es gilt, laufend ethische Entscheidungen zu treffen: Welche Tiere und wie viele sollen wie und wann eingefangen, verkauft und in neue Gebiete übersiedelt oder professionell bejagt werden? Alle Erlöse werden wieder in den Schutz unserer Wildtiere sowie in die Vergrößerung des Gebietes investiert. Die professionelle und waidgerechte Jagd entnimmt nur eine winzige Menge an ausgewachsenen Tieren. Wir erwirtschaften durch sie aber fast die Hälfte des Einkommens unseres Reservats.

Nyala (Tragelaphus angasii)

Sie sind unglaublich aktiv. Wie tanken Sie Kraft? Woraus schöpfen Sie Ihre Energie?


Stille! An einem abgelegenen Ort ganz in die Natur einzutauchen oder einfach mit meinem Flugzeug durch die ruhige Morgenluft zu gleiten und dabei die Schönheit und Freiheit des Fliegens zu genießen, macht meinen Kopf frei. Es ändert meine Perspektive auf die Dinge und erinnert mich daran, welch großes Privileg es ist, mitten in dieser wunderschönen Umgebung zu leben. Die Natur ist meine Kraftquelle. Ich fühle sie schon in den ersten Sonnenstrahlen, wenn ich meine verwaisten Nashornkälber mit der ersten warmen Milch des Tages füttere. Während ich den Kälbern zuhöre, wie sie zu-frieden die Milch schlürfen, empfinde ich tiefe Dankbarkeit für dieses Privileg und tanke Energie für den Tag. Außerdem schöpfe ich viel Kraft aus dem Glück und der Gesundheit meines Sohnes Alex, seiner Frau Carola und meiner beiden Enkelkinder. Das ist Leben, das ist meine Energie.

Annette with two rhinosCheetah (Acinonyx jubatus)

Was möchten Sie kommenden Generationen mitgeben?

„Weniger ist mehr. Wähle mit Bedacht und erhalte es dir lange.“ Denkt immer daran, dass die Natur Leben ist. Bleibt ein Teil dieses wundervollen Ökosystems, da-mit eure Kinder barfuß laufen, den Sand zwischen den Zehen spüren, die Schmetterlinge zählen, auf sauberen Wellen surfen, Beeren pflücken, in einen glitzernden Ozean tauchen, die saubere Luft riechen und das Was-ser aus den sprudelnden Quellen dieser Erde kosten kön-nen. Ich wünsche mir, dass die nächsten Generationen begreifen, wie wichtig das gesamte Ökosystem für unser eigenes Überleben ist, dass wir nur ein Glied der Kette sind. Ich wünsche mir, dass nur das Schöne aus dem Erfahrungsschatz unserer Vorfahren das Fundament für jede neue Generation bildet. Dass die Kinder aus den Fehlern ihrer Eltern lernen und nur das Gute mitnehmen, um darauf aufzubauen und unseren Planeten und die Artenvielfalt zu erhalten.

Vielen Dank für das Gespräch.
Annette Oelofse with rhino

ÜBER

ANNETTE OELOFSE


Annette Oelofse ist in Otjiwarongo geboren, einer kleinen Stadt im Norden Namibias. Ihre Eltern – die Mutter war in den 1950er Jahren aus Deutschland nach Namibia gekommen – betrieben mitten im Busch eine Rinderfarm. Von klein auf arbeiteten Annette und ihre drei Brüder auf der Farm mit. Sie halfen beim Rindertreiben, beim Impfen und Melken der Tiere. Sie begleiteten den Vater auf die Jagd und jagten später auch selbst. „Meist kamen wir abends verschwitzt und verstaubt nach Hause. Wir liebten es.“ Ein Leben im Busch im Einklang mit der Natur sowie der unermüdliche Einsatz und Fleiß ihrer Eltern haben Annette stark geprägt. In den 1980er Jahren heiratete Annette den bekannten Tierschützer Jan Oelofse. 1985 wurde Sohn Alexander geboren. 30 Jahre lang arbeiteten Annette und Jan gemeinsam am Aufbau des Okonjati Wildreservats. Heute leitet Annette das Reservat und die Lodges gemeinsam mit ihrem Sohn und dessen Frau Carola. Sie ist zweifache Großmutter. Annette liebt die Natur in all ihren Facetten, mag Camping und fotografiert gerne.

Vielen Dank an Annette Oelofse und Rudie de Klerk für die Bereitstellung der Bilder.
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!!! CLOSER 2022 - Protecting the rhinos of Namibia Annette Oelofse H/ Annette with two rhinosin NamibiaNashörner schützen Lesezeit: 4 min.